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Kürzlich zu Besuch bei meinen Eltern: Beim Einräumen der Wäsche fällt mein Blick auf die Tagebücher meiner Mutter. Eine Vielzahl aus kleinen und grösseren Büchern, sorgsam eingereiht. Darin enthalten: Erlebnisse, Sorgen, Ängste, Träume, freudige Momente und auch belanglose Ereignisse des Alltags. Meine Mutter pflegte während Jahrzehnten dieses Ritual des täglichen Schreibens.

Ich habe sie nie danach gefragt, ob sie von Zeit zu Zeit darin liest und in die Vergangenheit eintaucht oder was es ihr persönlich gebracht hat, täglich ein paar Zeilen zu verfassen. Mich aber haben die Bücher dazu verleitet, der Bedeutung des Tagebuchschreibens näher auf den Grund zu gehen.

Wie so vieles, ändert sich die Begrifflichkeit und so spricht man heute gerne auch von Journaling. Und diese Tätigkeit verspricht Grosses, wie der Förderung der Kreativität. Dies, weil wir uns auf die Tätigkeit konzentrieren, andere Dinge ausblenden und zur Ruhe kommen. Dabei werden auch mehrere Sinne angesprochen, wie der visuelle und der haptische: Wer Stift und Papier benutzt, hat die Gelegenheit, seine Schrift zu verfeinern, besonders edles oder schön gestaltetes Papier zu verwenden oder selbst das Papier mit Kritzeleien zu verzieren. Darüber hinaus stimulieren wir beim Schreiben beide Gehirnhälften, weil diese bei dieser Tätigkeit zusammenarbeiten. Die linke Gehirnhälfte, zuständig für den logisch-analytischen Denkprozess, kontrolliert die technische Ausführung, während die rechte sich dem Kreativsein und den Emotionen widmet.

Nun geht es beim Journaling aber noch um vieles mehr. Wie sagt man doch so schön: «Ordnung ist das halbe Leben». Diese Aussage hat auch seine Richtigkeit, wenn man sie auf die Gedanken bezieht. In der Flut von Informationen, gepaart mit der steigenden Schnelllebigkeit, leuchtet es ein, dass das Ordnen der Gedanken, einen positiven Effekt hat. Gleich wie beim Entrümpeln und Aufräumen der Wohnung, kann mit Stift und Papier, Ordnung in die Gedankenwelt gebracht werden.

Überzeugende Argumente

  • Schnell: 10 Minuten pro Tag reichen aus
  • Keine Vorbereitung: Du schreibst für Dich. Ansprüche an eine schöne Schrift und lupenreine Formulierung gibt es somit keine.
  • Einfach: Wie Du vorgehst, ist nebensächlich. Es geht um die Wirkung.
  • Kostengünstig: Schreiben kostet nichts – nur Zeit
  • Flexibel: Schreib wann und wo du willst. Der positive Nebeneffekt: Du reduzierst zeitfressende Konsumationen von belanglosen Smartphone-Inhalten.

Mich hat das Journaling überzeugt. Neben Zähneputzen und Sport, reiht sich dieses Ritual nun auch in meinen Alltag ein und offenbart mir dabei ganz nebenbei neue Erkenntnisse und Ideen.

Ein schönes Zitat von Max Frisch, bringt das Ganze auf den Punkt.